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Melück Maria Blainville_______________________ GESCHICHTEN Die Liebe wertet ihr Objekt, Hier erhalten Sie eine schöne Geschichte über Liebe und Leidenschaft, geschrieben von dem deutschen Schriftsteller Achim von Arnim.Melück Maria BlainvilleEtwa zwei Monate vor ihrem Debüt, kam der Graf Saintree, derwegen einer Liebschaft vom Hofe verbannt worden, zu seiner Zerstreuung nach Marseille; er war als der liebenswürdigste Mann aus der grossen Welt bekannt, aber seine Laune machte ihn selten geneigt, alle Vorteile dieses guten Rufs zu ernten. Frauen, die sich ihm in Marseille aufdrängten, wusste er von nichts so ausführlich, so feurig, so hinreissend, als von seiner geliebten Mathilde zu unterhalten, immer trug er denselben Rock von blauer Seide, den er beim Abschiede von ihr getragen, auf dessen linker Brust ihre Tränen gefallen, was er einer Verwandten vertrauete und bald alle wussten. Melück ward zu seiner Unterhaltung in eine Gesellschaft gebeten, sie hatte von ihm und seiner Leidenschaft, von der sonderbaren Anhänglichkeit zu dem Rocke durch mehrere Frauen gehört, sie schien es zu wünschen, von ihm ausgezeichnet zu werden, denn kaum bedurfte es, gegen ihre sonstige Gewohnheit, einer leisen Bitte, eines Winks von ihm, um sie zu bewegen, einige der leidenschaftlichen Stellen der Phädra mit ihrem morgenländischen Feuer herzusagen. Sie hatte nie so schön gesprochen; jedermann sah mit einer fragenden zufriedenen Miene den Grafen an, gleichsam, als wollten sie sagen: "Hätten Sie solch ein Talent in der Provinz vermutet?" - Der Graf aber, zerstreut von dem Gedanken an seine Mathilde, die er einmal bei diesem Stücke nach dem Theater begleitet hatte, konnte das eigentümlich Vortreffliche in ihrem Spiel nicht beachten. Ihm fielen nur einzelne Fehler auf; statt der Begeisterung, die jedermann von ihm forderte, bezeigte er nur eine allgemeine Artigkeit; er machte sie nachher auf einige Übergänge aufmerksam, die sie verfehlt hätte, und bat sie, diese noch einmal zu sprechen; das alles aber mit einem feinen Welttone, der durchaus nicht beleidigen konnte. Es mochte ihr etwas ganz Ungewohntes sein, vor einem jungen Manne, wie vor einem Lehrer zu stehen; sie wollte scherzen, aber er entiess sie nicht so leicht aus der Schule; er sprach ihr die Stellen mit einer Rührung, mit einer Sicherheit, mit einem Wohlklange, dass sie seine Überlegenheit anerkennen, und ihn bitten musste, ihr während seines Aufenthaltes die öftere Mitteilung seines Urteils nicht zu versagen. Ihr ganzes Wesen schien in dieser Unterredung verwandelt; statt der gewohnten Sicherheit wählte sie ängstlich unter ihren Worten und belauschte jede seiner Äusserungen; sie widersprach ihm selbst da nicht, wo sie erst das Entgegengesetzte versichert hatte. Beim Abschiede beklagte sie, wie schnell die Zeit vergangen und war doch die Letzte in der Gesellschaft. Ihre Verehrer blieben zurück, unterhielten sich über sie, und, statt den Grafen zu beneiden, freuten sie sich, dass Frankreich doch einen Mann hervorgebracht, der diese stolze Morgenländerin bändigen könnte. Saintree kam am andern Tage zum Besuche in das schön eingerichtete Haus der Melück. Sie sprach sehr zärtlich, sie führte die Rede auf das Glück der Zuneigung; er wurde dadurch veranlasst, ihr zu erzählen, wo er seine Mathilde zum ersten Male und zum letzten Male gesehen hatte; er drückte mit Mühe die Stelle seines Rockes, die seiner Mathilde Tränen eingesogen, an die Lippen und vergass darüber, alles was ihn umgab, selbst die Art Vorsicht, die jede Liebe fordert, aber selten eingibt. Allmählich führte aber Melück das Gespräch auf etwas, das sie näher anging, auf die Kunst; sie erkundigte sich nach der Art, wie die berühmtesten Pariser Schauspielerinnen den Mantel trügen und bewegten. Saintree entwickelte ihr dies im allgemeinen; Melück verriet aber eine so gänzliche Unbekanntschaft damit, dass er in grossem Kunsteifer ihr jede Stellung, Bewegung und verwandelte grosse Drapierung vorzumachen strebte, wozu ihm ein grosser roter antiker Mantel, den er im Zimmer fand, vorteilhaft diente. Der Tag war aber ungewöhnlich heiss und sein Lieblingsrock zu enger; er genügte sich nicht in den Bewegungen und sagte die Ursach. Sie bat ihn, den Rock abzulegen, es sähe ja niemand. Nach einigen Entschuldigungen benutzte er ihre Erlaubnis. Es stand eine grosse Gliederpuppe im Zimmer, wie sie damals noch häufig in den Provinzen gebraucht wurden, um Kleider neuer Moden daran zu versuchen, und zu drapieren, fast in der Art, wie Maler sie als Ersatz für lebende Modelle brauchen. Der Graf, leichtsinnig von Natur, mutwillig durch die ungewohnte Freiheit, bat scherzend, seinen Rock dieser Puppe anziehen zu dürfen, damit er sich selbst in ihr, als einen strengen Kritiker bei seinen Stellungen fürchten müsste. Melück warnte ihn im Scherz, dass die Statue durch den geheimnisvollen Rock nur nicht belebt werde. Er zog ihn ungestört und mit Leichtigkeit der Puppe an, setzte ihr auch seinen Hut auf, wie er ihn zu tragen pflegte und gab ihr zur Preisverteilung einen blühenden Granatenkranz in die Hand, der auf dem kleinen Tische der Melück sich gefunden hatte. Jetzt nahm er selbst den roten goldgestrickten Mantel über und deklamierte, indem er sich zu der Puppe hingewandt hatte, die letzten Reden der Phädra am Schlusse des vierten Aufzuges, die sich schliessen mit den beiden Versen: "Détestables flatteurs, présent le plus funeste, Que puisse fare aux rois la colère céleste." Bei diesen letzten Worten, die der Graf mit einer heftigen Schlussbewegung gesprochen hatte, klatschte die Puppe dreimal mit beiden Händen hörbar zusammen, warf den Kranz auf des Grafen erstauntes Haupt und verschränkte dann beide Arme über der Brust, wie jemand, der bei heftiger Bewegung des Herzens sich doch den ruhigen Anstand eines Zuschauers geben möchte. Erst erschrak der Graf, doch allzu geübt in der notwendigen Vorstellungskunst, äusserte sich dieses Schrecken nur in einem Blicke, dann verlor er sich in einem Scherz, indem der bestimmt glaubte, Melick habe durch eine künstliche Einrichtung diese Bewegung hervorgebracht. Sie aber schien fast ohnmächtig von dem Schrecke dieses Ereignisses; sie versicherte, diese Einrichtung der Puppe nicht zu kennen. Der Graf ging jetzt neugierig heran, um ihren Scherz zu entdecken, er besah das Gestell, worauf sie stand, hob sie auf, und nirgens war eine Verbindung zu entdecken. Er wollte die Puppe zur weiteren Untersuchung entkleiden, aber er vermochte es nicht, ungeachtet er ausgezeichnet stark war, die fest verschränkten Arme aufzuheben und auseinander zu bringen. Es war, als wenn die Puppe aus dem Zustande von Beweglichkeit, worin sie lange gelebt, in eine unwandelbare Ruhe übergegangen sei. Die Unterhaltung über dieses Ereignis, hatte bis zur Essenszeit gedauert. Der Graf musste, der Schicklichkeit wegen, Anstalten zum Weggehen machen. Melück wollte, um ihm den Rock wieder zu verschaffen, die Nähte auftrennen; aber wie sollte er mit einem zertrennten Rocke auf der Strasse erscheinen und zum Zunähen fehlte Zeit. Einen andern Rock holen zu lassen, hätte die Geschichte, die beide, wegen der leicht möglichen Entstellung, der ganzen Stadt verheimlicht wünschten, leicht verbreitet. Melück bat den Grafen in dieser Verlegenheit, er möchte sich in ihrem Studienzimmer verstecken - die angekleidete Puppe versteckte sie in einer Nische hinter einem Vorhange - sie wolle ihn mit Lebensmitteln reichlich versorgen, bis die Nacht seinen Rückzug nach Hause deckte, wo er leicht irgend ein lächerliches Abenteuer angeben könnte, weswegen er seinen Rock nicht wieder mitbrächte. Der Graf war ungemein dankbar für diesen Ausweg, es hatte ihm unleidlich gedünkt, in einer fremden Stadt, als Gegenstand wunderlicher Gerüchte umzugehen, die selbst seiner Mathilde gar leicht hätten zu Ohren kommen können. Er küsste seiner Beschützerin die Hand, gab sich ihr für diesen Tag völlig gefangen und wurde von ihr in das herrlichste kleine Seitenzimmer geführt. Es hatte die Aussicht über die reizendsten Gärten der Stadt; aber ein näherer Garten vor dem Fenster und in den Vertiefungen des Zimmers zauberte eine morgenländische Frühlingsluft vor alle Sinnen. Der ganze Grund des Zimmers bestand aus Rosen, die auf Gold gemalt waren; was am Boden nicht als Teppich glänzte, war Ruhebette aus dem buntesten weichsten Wollenzeuge. Sanfte Glockenspiele wurden von den Vögeln in angenehmen Akkorden bewegt, wenn diese zu ihrem Futter, das dazwischen verborgen war, flogen, in einem Kristallbecken spielten unzählige Goldfische und liessen sich an der Oberfläche von den abgerichteten Kanarienvögeln füttern, die gleich Menschen ein besonderes Wohlgefallen zu empfinden schienen, artigen Mitgeschöpfen andrer Elemente ihren Überfluss mitzuteilen. Der Graf war über diese Tierchen in Entzücken. Er glaubte noch nach ihnen zu blicken, als er schon mehrere Minuten bloss nach dem Gesichte der Melück gesehen hatte, das im Wasserspiegel so wunderherrlich erschien. Es ging ihm wunderbar: Mathilde war ihm in diesem Anblicke ganz entfallen; er strömte in Freude über, eine so herrliche Freundin durch den Zufall gewonnen zu haben. Vertraulichkeit wächst schnell; das Geheimnis macht vertraut; das Ungewöhnliche treibt zum Verbotenen. Er befand sich so leicht in seinem Mangel an Tracht; konnte er sich nicht viel leichter machen, durch den Mangel an Sitten? Das Zimmer war so duftig, blumig, weichlich, in Melücks Händen zerfloss sein sanftes Herz, wie ein köstlicher Balsam; alles drängte zum Genuss, und Melück versagte ihm nichts. Er verliess das Haus, von niemand als von Melück gesehen und herausgelassen, als die erste Himmelshellung ihn fast nötigte, noch einen Tag in der süssen Gefangenschaft zu leben. Nun er sich in einer Entfernung davon erst besann, wusste er gar nicht, wie ihm also geschehen; seine Mathilde stand vor ihm, als wäre sie gegenwärtig und er seufzte zu ihr in Gedanken: Kleine, wirst du es mir vergeben? Dann schlug er sich gegen den Kopf und fühlte noch den Granatenkranz; er nahm ihn beschämt ab und fand ihn von der Hitze seiner Stirn schnell verwelkt. Er konnte ihn doch nicht wegwerfen, und steckte ihn ein. Es fror ihn; er lief durch Umwege nach Hause und erzählte dort, indem er sich entkleiden liess, dem Kammerdiener, ein erlognes Abenteuer, wie er in einem kleinen Dorfe von drei Bewaffneten angegriffen, seinen Rock zurückgelassen habe, um sich selbst durch einen Sprung aus dem Fenster gesund davon zu bringen. Nachdem er ausgeschlafen, empfand er wieder einige Reue über seine Untreue, aber eine gefällige Theorie war schnell fertig. Er behauptete, die ganze Welt sei von zweierlei Liebe besessen; unbeschadet der höheren, glaubte er sich der Araberin in dem niedren Sinne ergeben zu können, wenn es Mathilden nur verschwiegen bliebe, und dies wurde seine einzige Sorge. Ob Melück diese Gesinnung in ihm gefühlt, ist ungewiss; selbst ihre Klugheit täuschte sich in der Liebe und diese Verbindung, die sie kaum einen Monat nur für einzelne Stunden beglückte und in den übrigen quälte, glaubte sie auf eine Ewigkeit in Gedanken ausdehnen zu müssen. Sie lebte noch in dieser immergrünen Aussicht, als jedes Laub in ihrer Nähe schon abgefallen war. Kaum einen Monat hatte diese Verbindung heimlich und erfreulich dem Grafen gedauert, als er von seiner geliebten Mathilde die Nachricht erhielt, dass der König endlich den Bitten ihres Oheims nachgegeben habe, die Verbindung mit Saintree zu gestatten, sie müsse sich aber vom Hofe entfernen; sie fragte ihn, ob er der Aufopferung fähig sei, diese Glanzatmosphäre seines früheren Lebens aufzugeben, sie bat ihn, sich ernstlich zu prüfen, und mit sich einig zu sein, wenn sie mit ihren Eltern in die Gegend von Marseille komme, wo sich ihre liebsten Hoffnungen und ihre bangsten Sorgen entscheiden müssten. Dem Grafen blieb keine Freiheit zu zweifeln oder zu fragen, seine Antwort war Jubel; alles schien ihm erfüllt, und als er am Abend mit der Araberin auf den weichen Kissen wieder ruhte, da fühlte er eine Unbefriedigung, eine Unruhe, als wäre in den Kissen eine Fliege eingesperrt, die bei jedem Drucke ihren Unwillen summend kund machte. Auch Melück bemerkte an ihm diese Unzufriedenheit, und suchte mit leidenschatlichem Ungestüm ihm mehr zu gewähren, aber um so drückender wurde ihm der Unterschied gegen die sanfte Mathilde, die immer mehr zu geben wusste, indem sie alles verweigerte. Saintree suchte jetzt mit Melück so schnell wie möglich zu brechen. Der erste Vorwand dazu war, als er sich nach dem Rocke erkundigte, den er damals zurückgelassen, und sie ihm versicherte, denselben aus Vorsicht, damit er nie dadurch kompromittiert werden könnte, verbrannt zu haben. Er fuhr auf, und klagte über ihre Unmenschlichkeit, geliebte Tränen so aufopfern zu können, dabei äusserte er seine Leidenschaft für Mathilde so unbeschränkt, dass sich Melück verhüllte, und in Verzweiflung fast erstarrte. Der Graf ging fort und glaubte sich von ihr für immer getrennt, um so unbequemer war ihm ein sehr zärtlicher Brief, den er von ihr am andern Morgen empfing, wo sie ihr Unrecht in jener Vorsicht anerkannte, und ihn um die Fortdauer seiner Neigung anflehete, sei es immerhin geteilt mit Mathilden, aber sie könne nicht ohne ihn leben. Er sah jetzt, dass alle Arten des Aufhebens von Liebeshändeln, wie er sie mit Französinnen schon oftmals durchgespielt hatte, auf diese besondre Natur nicht passten, die jede Beleidigung und Vernachlässigung zwar tief empfand, aber nicht durch Trotz, sondern durch neue Zärtlichkeit aufzuheben suchte. Er blieb deswegen nach einer kaltsinnigen Antwort auf ihren Brief völlig fort: soviel vermochte er leicht über sich. Briefe bestürmten ihn fast stündlich; er beantwortete sie bald gar nicht mehr. Zufällig traf er sie in einer Gesellschaft, wo sie ihn, er aber nicht sie erwartet hatte; sie konnte es nicht lassen, ihm vor allen Leuten Vorwürfe zu machen. Er liebt sie soviel weniger, als sie ihn liebte, kein Wunder, wenn er gegen sie in diesem Streite überlegen erschien. Sein Zurückziehen von ihr, schien ein Sieg der Tugend und ihr ganzes Betragen wurde seit dieser Stunde verdächtig; jetzt wünschte sie oft Gesellschaft und wurde in vielen Häusern nicht angenommen, die sonst ihren Umgang erschmeichelt hatten; Ihr Stolz fühlte sich gekränkt, und sie mied bald alle Gesellschaften. Der Graf war nicht weniger beunruhigt: teils von dem Reste der Zärtlichkeit, der ihn in mancher Stunde mahnte, teils von der Sorge, dass sein Verhältnis zu ihr nun stadtkundig geworden sei, und seiner Mathilde berichtet werden könnte. Um jeder neuen Heftigkeit der Melück auszuweichen, ging er aufs Land, wo er seiner Mathilde durch einen glücklichen Zufall begegnete. Welche Freude des Wiedersehens in den Jahren, wo jeder Tag die Geliebte verschönert, vervollkommt. Die Gesinnung beider waren durch das Missgeschick gereift, kaum bedurfte es noch des besonderen Anstosses einiger Familienangelegenheiten, um ihre Vermählung zu beschleunigen, die bei einem grossen ländlichen Feste, wo man zugleich zwölf arme Mädchen aus der Zahl ihrer Untertanen ausstattete, gefeiert wurde. Wie feierlich war Mathilde an diesem Tage, wie schön liess ihr der einfache Schmuck des Kranzes. Der Graf musste auf ihre Bitte jenen blauseidenen Rock anziehen, den er beim Abschiede getragen, und den er aus Vorsicht durch einen Rock gleicher Farbe ersetzt hatte. Jedermann gestand ein, dass es eine glückliche Zeit zu nennen sei, die zwei so ausgezeichnete Naturen vereinen könnte. Wenige Tage nach seiner Vermählung reiste der Graf mit seiner jungen Frau nach Marseille, wohin sie sich aus einer jugendlichen Neugierde sehnte; heimlich fühlte sie wohl ausser dem Wunsche die grosse Stadt zu sehen, auch einige Eitelkeit, an der Seite des ausgezeichneten Mannes, der ihr verbunden, sich dieser Stadt zeigen zu können. Er war zu glücklich, um dort die alten Verhältnisse zu fürchten; er traute der Melück genug Verstand zu, um sich und ihn nicht weiter zu stören; ihm war es sogar unbedeutend, als er dort von dem ersten Bekannten hörte, die Melück werde an dem Abende des Tages, wo er angekommen sei, zum erstenmal in der Rolle der Phädra auftreten. Als aber dieser schwatzhafte Freund, in der Absicht den Grafen durch die eitle Ehre seiner Eroberung einer so spröden Natur, bei seiner Frau zu loben, scherzend von der leidenschaftlichen Liebe dieser Melück zum Grafen sprach, und wie dieser sie aus Liebe zu Mathilden öffentlich zurückgestossen habe, da ward der Graf so rot, es brachte ihn, ungeachtet seiner Weltübung, so ausser Fassung, dass Mathilde von Eifersucht durchzitterte und durchbrannte. Der Freund merkte von dem allen nichts, sondern schwatzte weiter, wie die Stadt in zwei Parteien geteilt sei und dass der grössere Teil auf der Seite der Torcy stehe, die bisher die Rolle der Phädra gespielt habe, weil die Melück gegen diese vor der Zeit beleidigend geworden sei und überhaupt das Gerede der Leute, auch wegen ihres Verhältnisses zum Grafen, gegen sich habe, - er glaube gewiss, dass sie ohne Erbarmen ausgepfiffen werde. Mathilde konnte kaum abwarten, bis sie mit ihrem Manne allein war. Sie machte ihm die heftigsten Vorwürfe, dass er diese sonderbare Leidenschaft einer Frau zu ihm, die jedem bekannt, ihr allein verschwiegen habe, sie schloss daraus, dass er sie erwidert. Er antwortete darauf mit manchem Schwure seiner Treue, es war nicht das erstemal, dass er in Liebeshändeln falsch geschworen, doch tat es ihm diesmal leid, und es ging ihm nicht leicht von der Zunge. Die Gräfin sagte zuletzt, sie wolle ihm unter einer Bedingung glauben, wenn er die Partei der Torcy ergreifen und bei dem Auspfeifen einstimmen wollte. Saintree versprach's seiner Frau sehr leichtsinnig, denn er hielt es für unmöglich, da er beide kannte, dass jemand es nur entfernt wagen könnte, die herrlich begabte Melück der trocknen Schreierin Torcy nachzusetzen. Die Gräfin wurde dadurch versöhnt. Das Schauspielhaus war am Abende sehr früh schon angefüllt, auch die Parteilosen waren hingegangen, mehr den Kampf, als die Schauspielerin zu sehen. Jede Partei hatte sich vorteilhaft zu stellen gesucht, um ihre Meinung hörbar und fühlbar zu machen. Alles war gespannt auf die erste Veranlassung zum Ausbruche ihrer Gesinnungen; keine von beiden wollte ohne Grund urteilen, jede wünschte sich aber einen allgemeinen anerkannten Anstoss. - Die beiden ersten Auftritte wurden mit einiger Unruhe angehört, manche drängten sich noch auf einen andern Platz. Jetzt trat Phädra auf - allgemeine Stille; aber wie erschraken alle Freunde der Melück, als sie nicht mit der Schwäche nach grosser Leidenschaft, die sie sonst so herrlich darzustellen wusste, die ersten Worte sprach: "N'allons plus avant ..." sondern, wie von einem bösen Geiste besessen, mit Heftigkeit die Worte herausstiess und im ganzen Hause umherblickte, als hätte sie ihre Worte verloren, und suche sie auf den Lippen der Zuschauer zusammen, die freilich meist alle die Stelle auswendig wussten und leise vor sich hersagten. In dieser Unruhe sagte sie mehrere Verse, bis sie den Grafen in seiner Loge nahe am Theater entdeckt hatte, dessen Ankunft sie eben von dem schwatzhaften Freunde vernommen hatte. Jetzt sprach sie fort, ihre starren Augen auf den Grafen gerichtet, bald leise, bald heftig, als wenn ein Sturmwind vor ihrem Munde rauschte, der die Worte willkürlich verschlüge. So kam sie bis zu den Worten: "tout m'afflige et me nuit, et conspire à me nuire"; da hielt sich die Gegenpartei nicht länger, Lachen und Pfeifen verband gleich alle zu ihrem Schaden und selbst ihre besten Freunde mussten schweigend eingestehen, dass dieser schlechte Empfang wohlverdient gewesen sei. Der Graf war in der schmerzlichen Verlegenheit. Melück blickte auf ihn mit einer fruchtbaren Aufmerksamkeit, seine Frau mit heftiger Eifersucht, indem sie ihn mitten in dem anfangenden Getümmel bat, seinem Ehrenworte gemäss, mitzupfeifen, wenn Melück ausgepfiffen würde. Er musste es erfüllen, ihm ging nichts über seine Ehre; mit innigster Verzweiflung pfiff er die ehemalige geliebte Freundin aus. Melück nahm es im Augenblicke wahr, und blickte auf ihn, dass er für einige Augenblicke erblindete und in einem Krampfe niederstürzte. Melück war inzwischen mit stolzen ruhigen Schritten von der Bühne gegangen. - Achim von Arnim 1781-1831, deutscher Schriftsteller - Mehr Geschichten Brigitta, Geschichte von Adalbert Stifter Der fliegende Holländer, Geschichte von Heinrich Heine Liebesgeschichte des Kanzlers Schlicks, Geschichte von Achim von Arnim Lucie Gelmeroth, Geschichte von Eduard Mörike Märchen vom Myrtenfräulein, Geschichte von Clemens Brentano Mehr Schmerz Liebeskummer Gedichte Schmerz Gedichte traurige Liebesgedichte Link-Tipps Achim von Arnim Leben und Werke. Achim von Arnim Texte Quellen und Volltexte. Bibliographien Bayerische Staatsbibliothek. Zitate Achim von Arnim Zitatensammlung. Sprüche Liebeskummer Einfühlsame Sprüche Liebeskummer. 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